Man sollte es nicht glauben!


So einen primitiven Fehler bauen wir ein in die Schaltanlagen, wir Elektriker.

Sie sehen einen einphasigen Verbraucher für 380V und einen für 220V (zB. einen Computer). Die beiden haben eine Phasensicherung gemeinsam.

In dieser Schaltung sieht es jeder sofort, daß das nicht gut gehen kann, wenn die Sicherung in der S- Phase durchbrennt, die in der R-Phase jedoch nicht.

Der Strom rinnt trotz der durchgebrannten S- Sicherung weiter, als ob nichts passiert wäre. Oder doch, es hat sich was geändert: die beiden Verbraucher werden mit völlig falschen Spannungen betrieben! Die Zahlenwerte im Bild sind zufällige Werte, es kommt auf die Größe der beiden Verbraucher an.

Der Steuertrafo mit der 380V - Primärwicklung ist nur ein Beispiel - Verbraucher, es kann auch ein Drehstrom-Verbraucher sein, ein Motor usw.

Was einer Glühbirne keine Probleme macht, kann einen Computer völlig aus der Fassung bringen: Unterspannungsbetrieb. Ja es kann unter Umständen sogar zu einer fürchterlichen Überspannung kommen, wenn der eine Verbraucher induktiv und der andere kapazitiv ist: das ergibt einen Serienschwingkreis mit bis zu 5 - und mehrfacher Spannungsüberhöhung!

Dabei gibt es die sinnvolle Forderung, daß eine elektrische Schaltung nach durchgebrannter Sicherung spannungslos sein muß, aber in dem Beispiel ist davon keine Spur zu bemerken!

Trotzdem passieren solche Schaltungsfehler immer wieder, besonders bei Erweiterungen einer Schaltanlage oder eines Schaltschranks. Wenn sich der Elektroinstallateur „von irgendwoher“ eine Phase und einen Nulleiter holt. Und der arme Kunde verläßt sich darauf, daß alles fachmännisch gemacht worden ist!
 
Endschalter / limit switchSo ein Schaltungsfehler läßt sich praktisch nicht vermeiden. Der Schaltschrank hat eine dreiphasig abgesicherte Zuleitung (Sicherungen im Hauptverteiler). Und daran hängen eben verschiedene Verbraucher auch für 220V. Und es ist gar nicht sinnvoll, alle Computer etc. an einen 380/220 Steuertrafo zu hängen, oder die Lampen usw. Aber es mag erklären, wieso nach einem Kurzschluß oft etliche unbeteiligte Geräte kaputt sind! 

Die einzig gangbare Lösung besteht darin, die Hauptsicherung so großzügig überzudimensionieren, daß sie nach menschlichem Ermessen niemals durchbrennt (Selektivität) - aber das bedeutet auch, daß Sie die Zuleitung entsprechend dimensionieren müssen. Das probieren Sie einmal einem Kunden zu erklären, der ein billigeres Konkurrenzangebot vorliegen hat... Oder Sie sorgen dafür, daß sie garantiert allpolig abschaltet (Trennschalter). 

Ein Stromkreis gilt für viele Elektriker nicht als die Schaltung, in der der Strom von einem Pol des Generators zum anderen fließt, sondern als jener Abschnitt der Schaltung, der zu einer Sicherung gehört. Da hat sich der schlampige Sprachgebrauch zur Regel, fast zur Norm gemausert.

Noch dümmer ist es allerdings, den Nulleiter aufzutrennen, wenn die verschiedenen 220V - Verbraucher an verschiedenen Phasen hängen. Da kommt es auf die Größe (Leistung, Widerstand) der Verbraucher an, ob einer mit Überspannung gesegnet wird. Das tut natürlich kein Mensch absichtlich, aber ein Wackelkontakt oder eine falsch plazierte Sicherung kann genau diesen Effekt haben. Und oft fällt es den Konstrukteuren gar nicht auf, was sie da verbockt haben, weil die Verbraucher auf verschiedenen Blättern des Schaltplans gezeichnet sind. Dem Strom jedoch ist die Zeichnung und der gute Wille völlig egal, er findet überall einen Weg, wo einer ist.

Sehen Sie im rechten Bild, daß der Schalter auf einmal 380V vertragen muß? Was, wenn das ein Triac-Dimmer oder sonst ein empfindliches elektronisches Schaltgerät ist? Dann isses kaputt!

Siemens Schütz, SIRIUS ReiheSie tun sowas natürlich nicht, eh klar! Sie beachten die Regeln der Einpunkterdung mit der robusten Nulleiter - Sternpunkt - Verteilerschiene. Und Sie gönnen den Verbrauchern eigene Sicherungen, wenn sie an verschiedenen Phasen hängen.

Franz Glaser   

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